Immobilienkauf und Vermietung an Verwandte: Praxisleitfaden für steuerliche und finanzielle Gestaltung mit Ausblick auf das Eigenheim
Chancen und Risiken der Vermietung an Angehörige
Die Vermietung einer Immobilie an Familienmitglieder – also an Kinder, Eltern oder andere enge Verwandte – ist weit mehr als eine reine Familienhilfe. Für Vermieter ergeben sich finanzielle Vorteile, zum Beispiel steuerliche Abzugsmöglichkeiten und eine planbare Altersvorsorge. Für den Mieter, meist ein Kind, gibt es die Chance auf günstigeren Wohnraum, was gerade in Ballungsräumen bares Geld wert sein kann. Der Haken: Das Finanzamt prüft solche Mietverhältnisse mit besonderer Skepsis. Ziel ist es, missbräuchliche Gestaltungen – also „verdeckte Schenkungen“ oder reine Steuersparmodelle – zu verhindern. Wenn du die formalen Anforderungen nicht einhältst, drohen der Verlust steuerlicher Vorteile und unter Umständen sogar Schenkungssteuer. Es lohnt sich also, von Anfang an mit maximaler Sorgfalt vorzugehen.
Was das Finanzamt verlangt: Der Fremdvergleichsgrundsatz
Das A und O ist der sogenannte Fremdvergleichsgrundsatz. Das heißt: Der Mietvertrag und die gesamte Abwicklung müssen so gestaltet sein, wie es auch zwischen fremden Dritten üblich wäre. Dazu gehört: Schriftlicher Mietvertrag mit allen wesentlichen Klauseln (Mietobjekt, Miethöhe, Nebenkosten, Kaution, Kündigungsfristen, Zahlungsmodalitäten), regelmäßige, belegbare Mietzahlungen – am besten per Dauerauftrag, nicht bar, strikte Trennung von Unterhalt und Miete: Mietzahlungen dürfen nicht aus dem Unterhalt „zurückfließen“, jährliche Nebenkostenabrechnung nach klaren Regeln und professioneller Umgang bei Zahlungsverzug, Mahnwesen etc. Sobald du von den Standards abweichst, die du auch mit einem fremden Mieter hättest, riskierst du die steuerliche Anerkennung.
Mietvertrag, Zahlungsabwicklung und Nebenkosten: Das musst du beachten
Mietvertrag
Unbefristete Mietverträge sind in der Regel vorteilhaft. Inhaltlich sollten alle Pflichtangaben enthalten sein, die auch ein Anwalt bei fremden Mietern empfiehlt. Die Kaution muss tatsächlich hinterlegt und zurückgezahlt werden.
Mietzahlungen und Zahlungsnachweise
Keine Barzahlungen – immer Banküberweisung oder Dauerauftrag! Keine Vermischung von Mietzahlungen mit Unterhaltsleistungen. Kontoauszüge dienen im Zweifel als Nachweis.
Nebenkosten
Nebenkosten müssen jährlich abgerechnet und belegt werden – auch in der Familie. Dokumentation und Belege sind Pflicht.
Mieterbeziehung
Angehörige wie fremde Mieter behandeln: Bei Zahlungsverzug Mahnung, bei Schäden Kaution einsetzen, regelmäßige Objektkontrolle durchführen.
Definition „nahe Angehörige“
Nur auf diese Gruppe kommen die speziellen Regeln an: Ehepartner, Eltern, Kinder, Enkel, Geschwister, Neffen/Nichten.
Steuerliche Besonderheiten: Wie viel Miete ist „richtig“?
Entscheidend für deine steuerlichen Vorteile ist die Höhe der vereinbarten Miete im Verhältnis zur ortsüblichen Vergleichsmiete.
- Mindestens 66 % der ortsüblichen Vergleichsmiete: Volle Anerkennung aller Werbungskosten, keine weiteren Prüfungen
- Zwischen 50 % und 65 %: Volle Anerkennung nur bei positiver Totalüberschussprognose (es muss über 30 Jahre insgesamt ein Überschuss entstehen)
- Unter 50 %: Nur anteilige Anerkennung der Werbungskosten. Außerdem besteht das Risiko einer Schenkungssteuer, weil ein „Geschenk“ vorliegt.
Die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelst du über den Mietspiegel, Immobilienportale oder im Zweifel mit einem Gutachten. Bei möblierter Vermietung kommt ein Möblierungszuschlag oben drauf. Wichtig: Du musst die Miete alle paar Jahre prüfen und ggf. anpassen, weil sich der Mietspiegel ändern kann.
Werbungskosten: Welche Kosten du absetzen kannst
Werbungskosten sind alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Vermietung entstehen und steuerlich absetzbar sind. Darunter fallen u.a.: Abschreibungen auf das Gebäude (nicht das Grundstück), Kreditzinsen (sofern das Darlehen für den Erwerb oder die Renovierung der vermieteten Immobilie aufgenommen wurde), Renovierungs‑, Instandhaltungs- und Modernisierungskosten, Kaufnebenkosten (z.B. Notar, Grundbuch, Maklerprovision, anteilige Grunderwerbsteuer), nicht umlagefähige Betriebskosten, Grundsteuer, Versicherungen, Verwaltungskosten, Steuerberatung, Fahrtkosten zur Immobilie. Achtung: Jede Ausgabe muss belegt und sauber dokumentiert werden. Nur so erkennt das Finanzamt die Kosten an.
Besonderheiten bei der Finanzierung einer Anlageimmobilie
Banken bewerten vermietete Immobilien als „riskanter“ als das Eigenheim, daher sind die Finanzierungskonditionen meist etwas schlechter. Du solltest ausreichend Eigenkapital für Kaufnebenkosten einbringen, um den Beleihungswert zu optimieren. Kreditzinsen sind nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn das Darlehen nachweislich für die vermietete Immobilie aufgenommen wurde. Spezielle Modelle wie das Ehegattendarlehen sind möglich, aber komplex und mit hohen formalen Anforderungen verbunden. Das Finanzamt prüft genau, ob die Gestaltung fremdüblich ist.
Möblierte Vermietung: Was du wissen solltest
Bei möbliert vermieteten Wohnungen erhöht ein Möblierungszuschlag die Vergleichsmiete. Dadurch ändert sich ggf. die relevante Grenze für die steuerliche Anerkennung. Der Zuschlag sollte realistisch und nachvollziehbar kalkuliert werden, nicht zu hoch, nicht zu niedrig. Eine detaillierte Inventarliste der Möbel gehört in den Vertrag.
Eigentumswohnung jetzt, Eigenheim später: Worauf du achten musst
Viele kaufen zunächst eine Immobilie zur Vermietung, planen aber mittelfristig ein Eigenheim. Das hat Auswirkungen auf Bonität, Eigenkapital und Steuer. Wer bereits eine vermietete Immobilie finanziert hat, muss bei der Finanzierung des Eigenheims mit einem höheren Eigenkapitalbedarf oder schlechteren Konditionen rechnen. Zinsen für ein Darlehen, das zwar über die vermietete Wohnung abgesichert ist, aber zur Finanzierung des Eigenheims dient, kannst du steuerlich nicht absetzen. Staatliche Förderprogramme (KfW etc.) gelten nur für selbstgenutztes Wohneigentum, nicht für vermietete Immobilien. Mehrere Kreditnehmer (z. B. Ehepartner, Lebensgemeinschaften, GbR) können die Bonität steigern und die Konditionen verbessern.
Häufige Fehler und wie du sie vermeidest
Typische Stolperfallen: Kein schriftlicher Vertrag, fehlende oder zu niedrige Miete. Barzahlungen oder Vermischung von Unterhalt und Miete. Keine oder mangelhafte Nebenkostenabrechnung. Mangelnde professionelle Distanz im Umgang mit dem Mieter. Fehlerhafte Kalkulation bei möblierten Wohnungen (Zuschlag vergessen). Annahme, dass alle Kreditzinsen absetzbar sind, auch wenn der Kredit für das Eigenheim genutzt wird. Lückenhafte oder fehlerhafte Dokumentation der Werbungskosten.
Empfehlungen: Immer einen vollständigen schriftlichen Mietvertrag nach Muster verwenden. Mietpreis regelmäßig anpassen (idealerweise mindestens 66 % der ortsüblichen Vergleichsmiete). Mietzahlungen per Dauerauftrag, Unterhalt und Miete strikt trennen. Sorgfältige Nebenkostenabrechnung und vollständige Belegsammlung. Angehörige wie fremde Mieter behandeln (auch bei Mahnungen). Rechtsform bei mehreren Immobilien frühzeitig prüfen und Beratung einholen.
Fazit: Disziplin zahlt sich aus
Die Vermietung an Angehörige kann ein cleverer Weg sein, um Vermögen aufzubauen, Steuern zu sparen und die Familie zu unterstützen – wenn du konsequent und professionell arbeitest. Die zentrale Botschaft: Professionalität schlägt Vertrautheit, sobald das Finanzamt mit am Tisch sitzt. Nur so kannst du die Vorteile voll ausschöpfen und finanzielle Fallstricke umgehen.
Handlungsempfehlungen auf einen Blick
- Mietvertrag schriftlich, vollständig und unbefristet
- Mietpreis bei mindestens 66 % der Vergleichsmiete
- Ausschließlich Überweisung/Dauerauftrag für Mietzahlungen
- Unterhaltsleistungen und Miete strikt trennen
- Sorgfältige Dokumentation aller Kosten und Einnahmen
- Nebenkostenabrechnung jährlich, mit Belegen
- Kredite sauber trennen nach Verwendungszweck
- Schenkungssteuerfreibeträge im Blick behalten
- Professionelle Beratung bei Unsicherheiten nutzen
Tipp: Wenn du konkrete Fragen zur steuerlichen Gestaltung oder zur Finanzierung hast, kannst du gerne einen Termin mit mir buchen – auch wenn es mal speziell wird. Ein rechtssicherer, wirtschaftlich sinnvoller Weg lässt sich fast immer finden, wenn du von Anfang an die richtigen Weichen stellst.
Disclaimer:
Dieser Beitrag wurde nach bestem Wissen recherchiert und erstellt. Trotzdem können sich Fehler, Zahlendreher oder Missverständnisse einschleichen. Der Text stellt keine Rechtsberatung oder Steuerberatung dar und ersetzt auch keine individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater. Die Informationen dienen ausschließlich der ersten Orientierung. Für eine konkrete, auf deinen Fall abgestimmte Beratung vereinbare bitte einen persönlichen Termin.