Sorgerechtsverfügung – wer kümmert sich um deine Kinder, wenn dir etwas passiert?
Die meisten Eltern tun alles für ihre Kinder: Sie kümmern sich, planen vorausschauend, sichern finanziell ab. Und doch wird ein Thema oft ausgeklammert – aus Angst, aus Unsicherheit oder weil man denkt, es sei ohnehin klar geregelt: Was passiert mit meinen Kindern, wenn ich sterbe oder dauerhaft ausfalle?
Die Antwort ist leider nicht so eindeutig, wie viele glauben. Denn ohne eine schriftliche Sorgerechtsverfügung entscheidet im Ernstfall das Familiengericht – und zwar nach eigenem Ermessen. Deine Wünsche spielen dann nur eine untergeordnete Rolle, wenn du sie nicht klar dokumentiert hast.
Was ist eine Sorgerechtsverfügung?
Mit einer Sorgerechtsverfügung legst du als Elternteil fest, wer im Todesfall oder bei dauerhafter schwerer Erkrankung die Vormundschaft für dein minderjähriges Kind übernehmen soll.
Du kannst darin eine konkrete Person benennen, die als Vormund eingesetzt werden soll – und auf Wunsch auch Personen ausschließen.
Die rechtliche Grundlage ist § 1776 BGB. Dort heißt es:
„Die Eltern können durch letztwillige Verfügung eine Person als Vormund benennen oder von der Vormundschaft ausschließen.“
„Letztwillige Verfügung“ bedeutet: Die Sorgerechtsverfügung muss in Testamentsform abgefasst werden, also entweder vollständig handschriftlich mit Ort, Datum und Unterschrift – oder notariell beurkundet.
Wann kommt eine Sorgerechtsverfügung zum Tragen?
Die Verfügung wird nur wirksam, wenn:
- beide sorgeberechtigten Elternteile versterben oder dauerhaft ausfallen (z. B. bei schwerer Krankheit oder Unfall),
- ein alleinsorgeberechtigter Elternteil verstirbt, und kein anderer Elternteil sorgeberechtigt ist,
- das Gericht eine Vormundschaft für nötig hält.
Das Familiengericht prüft dann die Verfügung und entscheidet, ob der benannte Vormund geeignet ist und das Kindeswohl gewahrt bleibt. Die Wünsche der Eltern sind bindend, sofern keine schwerwiegenden Gründe dagegensprechen.
Was kann ich konkret regeln?
In einer Sorgerechtsverfügung kannst du:
- Eine oder mehrere Personen als Vormund vorschlagen
- Personen ausdrücklich ausschließen
- Deine Beweggründe und Wünsche erläutern (z. B. Erziehungsstil, Religion, Wohnumfeld)
- Hinweise zur Alltagsgestaltung oder Betreuung geben
- Ergänzend auch Wünsche zur finanziellen Absicherung des Kindes festhalten
Je konkreter du formulierst, desto besser kann das Gericht später nachvollziehen, warum du dich für (oder gegen) bestimmte Personen entschieden hast.
Was passiert ohne Sorgerechtsverfügung?
Dann entscheidet das Familiengericht nach eigenem Ermessen, wer als Vormund bestellt wird. Das kann sein:
- Ein leiblicher Elternteil, sofern noch vorhanden und nicht ausgeschlossen
- Großeltern, Onkel, Tanten, Freunde der Familie – je nachdem, wer sich meldet
- Im schlimmsten Fall: eine fremde Person, etwa ein Berufsbetreuer oder ein Mitarbeiter des Jugendamts
Selbst wenn dein Kind in einem stabilen Umfeld (z. B. bei Freunden) untergebracht ist, kann das Gericht jemand ganz anderen bestimmen – insbesondere, wenn keine klare Verfügung vorliegt.
Was ist mit dem anderen Elternteil?
In der Praxis oft heikel: Wenn du allein sorgeberechtigt bist und der andere Elternteil nicht involviert ist, kann dieser im Todesfall unter bestimmten Umständen die elterliche Sorge automatisch übernehmen – auch gegen deinen früher geäußerten Willen.
Willst du genau das verhindern (z. B. wegen Gewalt, Drogen, Kontaktabbruch), solltest du das in der Sorgerechtsverfügung klar und nachvollziehbar begründen. Das Gericht muss dann prüfen, ob dem anderen Elternteil das Sorgerecht entzogen bleibt – das ist rechtlich anspruchsvoll, aber möglich.
Form und Gültigkeit
Die Sorgerechtsverfügung muss als letztwillige Verfügung erstellt werden. Das heißt:
- Eigenhändig handschriftlich, mit vollständigem Text, Datum, Ort und Unterschrift
- Oder notariell beurkundet, etwa im Rahmen eines Testaments
Du kannst die Verfügung als eigenständiges Schriftstück aufsetzen oder sie als Bestandteil deines Testaments integrieren. Wichtig ist, dass sie den formalen Anforderungen des BGB entspricht, sonst ist sie nicht rechtswirksam.
Wo soll sie aufbewahrt werden?
Damit das Familiengericht im Ernstfall davon erfährt, sollte die Sorgerechtsverfügung nicht einfach in der Schublade liegen, sondern:
- beim Nachlassgericht hinterlegt sein (wenn Teil eines Testaments),
- in einem Notfallordner zu Hause aufbewahrt werden, über den vertrauenswürdige Personen Bescheid wissen,
- der benannten Vormundperson oder dem Familienkreis in Kopie bekannt sein,
- oder beim Notar bzw. Rechtsanwalt verwahrt werden.
Welche Rolle spielt das Jugendamt?
Wird ein Kind plötzlich zum Vollwaisen oder verliert den erziehenden Elternteil, wird in der Regel zunächst das Jugendamt als vorläufiger Vormund eingesetzt – zumindest bis das Gericht über die dauerhafte Vormundschaft entscheidet. Eine klare Verfügung beschleunigt diesen Prozess erheblich, da das Jugendamt den Vorschlag der Eltern direkt weitergeben kann.
Sorgerechtsverfügung in der Praxis: ein Beispiel
Ein junges Paar mit zwei kleinen Kindern kommt bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Es gibt keine Verfügung. Die Großeltern beider Seiten bewerben sich als Vormund. Doch ein Großvater ist schwer erkrankt, die Großmutter lebt im Ausland. Die Schwester der Mutter lebt in einer anderen Stadt, ist beruflich stark eingebunden, aber bereit, die Kinder aufzunehmen.
Da keine Verfügung existiert, entscheidet das Gericht nach Aktenlage – inklusive psychologischer Begutachtung, Gesprächen mit dem Kind (sofern alt genug) und Anhörung aller Beteiligten. Es kommt zu Verzögerungen, Unsicherheit und familiärem Streit.
Hätte das Paar eine klare Verfügung aufgesetzt, in der z. B. die Schwester der Mutter als Vormund benannt wurde, hätte das Gericht mit hoher Wahrscheinlichkeit so entschieden – schneller und reibungsloser.
Warum ich als Versicherungsmakler über so etwas spreche
Ich bin kein Jurist, ich erstelle keine Verfügungen – aber ich berate Mandanten ganzheitlich. Und dazu gehört mehr als „Versicherungsschutz“. Wer Kinder hat, trägt Verantwortung – finanziell, organisatorisch und emotional.
Deshalb gehört es für mich dazu, im Rahmen eines Beratungsgesprächs auch über solche Themen zu sprechen. Ich kann dir zwar keine rechtliche Beratung bieten, aber ich kann:
- dir helfen, die richtigen Fragen zu stellen,
- dir zeigen, wo du passende Unterstützung bekommst,
- dir Kontakte zu spezialisierten Anwälten oder Notaren vermitteln, mit denen ich zusammenarbeite.
Denn ein gutes Sicherheitsnetz besteht nicht nur aus Policen – sondern auch aus rechtzeitigen Entscheidungen.
Fazit
Die Sorgerechtsverfügung ist ein oft unterschätzter Baustein familiärer Vorsorge. Sie regelt, wer im schlimmsten Fall für deine Kinder da ist – in deinem Sinne, mit deinen Werten.
Wer sich frühzeitig Gedanken macht, schützt nicht nur seine Kinder, sondern nimmt auch dem Gericht und der Familie im Ernstfall eine schwere Last ab. Und das Gute: Eine Sorgerechtsverfügung lässt sich unkompliziert umsetzen – wenn man es einfach mal angeht.
Du kannst nicht steuern, was passiert – aber du kannst dafür sorgen, dass im Ernstfall die richtigen Menschen für deine Kinder da sind.