Worum geht es?
Bausparfinanzierung — ein Beispiel aus der Praxis. Wohnriester-Schocker inklusive. Ich zeige Dir, was ein junges Pärchen in einer Beratung fast vom Stuhl gehauen hätte.
Inhalt des Videos zur Bausparfinanzierung
Viele von euch mögen ja Beispiele aus der Praxis. Ich zeige euch jetzt mal eine Bausparfinanzierung aus einem Fall, den ich gerade bearbeite.
Was ist passiert?
Es ist so, dass ein junges Pärchen zu mir gekommen ist, dass meine Videos gesehen hatte und das Gefühl hatte, bei deren Immobilienfinanzierung läuft etwas nicht richtig. Im Gespräch kam dann heraus:
“Ja, wir haben jetzt auch kürzlich ein Gespräch gehabt mit dem Vertreter von der Bausparkasse und der hat uns ganz verrückt gemacht, wir müssten jetzt irgendwie noch einen Bausparvertrag abschließen über 100 000 Euro. Das ist jetzt ganz wichtig. Die Baufinanzierung wird jetzt demnächst sonst viel zu teuer.”
Sie haben also relativ jung ein Haus erworben und anteilig über Bausparkonstrukte finanziert. Und ich habe das mit ihnen durchgerechnet und was dabei rauskam im Laufe des Gesprächs, das ist ziemlich schockierend.
Der Darlehensvertrag aus diesem Fallbeispiel:
Ich zeige euch jetzt den Darlehensvertrag, damit ihr versteht, was eigentlich passiert ist und warum mich das so aufregt.
Es geht hier im ersten Schritt darum, dass wir eine Finanzierung haben, die insgesamt 237.000 Euro beträgt. Ein Teil dieser Bausparfinanzierung läuft über ein normales Bankdarlehen. Sie haben 2016, im Alter von 20 Jahren eine Immobilie gekauft. 77.000 Euro betrug das Bankdarlehen, zu Konditionen von 1,65 Prozent, mit 10 Jahren Zinsfestschreibung. Das heißt, dieser Zins von 1,65% ist zehn Jahre lang festgeschrieben und garantiert. Danach wird mit der Restschuld ein neues Darlehen oder eine Anschlussfinanzierung rausgesucht.
Das bedeutet, sie zahlen für diesen Anteil eine Rate von 234 Euro, darin sind 2 Prozent Tilgung enthalten. Das Darlehen aus der Bausparfinanzierung wird jährlich abgebaut und das, was überbleibt, nachdem man 10 Jahre bezahlt hat, wird dann danach finanziert.
Das Gesamtfinanzierungsvolumen ist also höher.
So funktioniert der Bausparvertrag
Zur Finanzierung benutzten beide zusätzlich einen Bausparvertrag in Höhe von 80.000 Euro. Das Paar hat nun also einen Darlehensvertrag, plus jeweils einen Bausparvertrag.
Bei einem Bausparvertrag hast du drei Phasen. Einmal die Ansparphase und anschließend die Zuteilungen. Diese erfolgt, wenn du einen gewissen Prozentsatz der Bausparsumme erreicht hast. Für den Rest, den du nicht angespart hast, gibt es das Darlehen.
Das Mindest-Sparguthaben aus unserem Fallbeispiel liegt bei 47 Prozent. Nach Abschluss mussten also mindestens 47% von 80.000 Euro, über die Jahre angespart werden. Danach folgt das Darlehen. Nun steht im Bausparvertrag, dass dieser Tilgungsersatz ist.
Warum Tilgungsersatz?
Das Geld ist zum Zeitpunkt des Kaufs vollkommen und sofort zu zahlen. Dafür gibt es ein sogenanntes Vorfinanzierungsdarlehen. Hierbei wird dir vorab Geld geliehen, welches du dann anstatt einer Tilgung in den Bausparvertrag hinein sparst. Wenn dieser dann zuteilungsfähig ist, wird der Betrag in dem Bausparvertrag bzw. Bauspardarlehen abgezahlt. In diesem Fall liegt der Wert bei 80.000 Euro.
Falls das noch ein bisschen unverständlich war, schaut euch mal das Bauspar-Video an von mir. Da erkläre ich so ein bisschen, wie das funktioniert. Aber so ist das grobe Konstrukt.
Was bedeutet das jetzt für das Pärchen aus dem Fallbeispiel?
Das heißt, das Paar kriegt jeweils 80.000 Euro vorgestreckt mit 1,50% Zinsen. Das wird jedoch nicht getilgt. Trotzdem zahlen sie 76 Euro Zinsen. Anstelle einer Tilgung wird dann in einen Bausparvertrag gespart und das in Höhe einer Rate von 230 Euro. Diese 230 Euro bauen sich also zu diesen 47 Prozent auf. Hinterher ergibt sich ein Guthabenstand und schließlich ein Bauspardarlehen. Das Darlehen beträgt dann 41.551 Euro.
Das ist beim Bausparen zu beachten
In etwa werden 39.000 Euro angespart. Als Darlehen gibt es 41.000 Euro, die abgebaut und getilgt werden. Ein wichtiger Faktor des Bausparens: Der Zins steht bereits fest, bis das Darlehen zuteilungsreif ist. Bei unserem Pärchen beträgt der Zins 2,85% nominell und insgesamt 3,05% effektiv mit einer Rate von 307 Euro. Besonders viel ist das nicht.
Zusammengefasst:
Das Paar aus unserem Fallbeispiel hat also ein Bankdarlehen von 77.000 Euro, in welches sie 234 Euro reinzahlen. Zusätzlich haben beide einen Bausparvertrag in Höhe von 80.000 Euro. Das Geld wird vorab mit 76 Euro Rate an Zinsen bezahlt und der Bausparvertrag mit 230 Euro im Monat finanziert.
Das Paar ist Mittlerweile 25 Jahre alt. Sie haben das Ganze also vor 5 Jahren gekauft. Die Idee des Bausparvertreters ist nun, einen weiteren Bausparvertrag abzuschließen. Sonst erhöht sich die Rate um 800 Euro. Dieser Bausparvertrag hätte jedoch erneute Kosten von 1.600 Euro verursacht.
Darum macht ein neuer Bausparvertrag keinen Sinn
Was ist denn jetzt eigentlich das Problem?
Das Bauspardarlehen ist von vorne bis hinten durchgestylt. In der ersten Phase wird lediglich der Zins und parallel der Sparbeitrag gezahlt. Somit kommen wir auf eine Rate von ungefähr 307 Euro.
Nach 14 Jahren und 3 Monaten wird das Bauspardarlehen in Anspruch genommen. Danach kommt es wieder zu 307 Euro Rate und Tilgungsrate. Es verändert sich also im Prinzip gar nichts.
Warum sollte also nach 5 Jahren noch ein Bausparvertrag abgeschlossen werden? Schließlich sind beide Darlehensbestandteile komplett durchgeplant. Es ist das Bankdarlehen, welches nicht ganz durchgeplant ist. Dort gibt es die Zinsbindung auf nur 10 Jahre.
Meine Berechnungen:
Bei meiner Rechnung gehe ich davon aus, dass die Zinsen bei 1,65% und die Tilgung bei 2% liegen. 77.000 Euro wurden geliehen. Wie viel Restschuld ist nach 10 Jahren noch da, wenn die monatliche Rate 234 Euro beträgt?
Das Ergebnis beträgt 60.269 Euro Restschuld. Dieser Rest ist das Risiko, welches in 5 Jahren entstehen würde.
Was passiert, wenn der Zinst steigt?
Was passiert wenn, der Zins von den damaligen 1,65% jedoch auf 4% steigt? Diesmal liegt das Bauspardarlehen bei 60.000 Euro.
Damit das Paar bis zur Rente fertig ist, würde bei 4% Zinsen, die Rate bei 260 Euro liegen. Also 30 Euro mehr als bei der Berechnung mit 1,65% Zinsen. 30 Euro mehr wird man ja nach 10 Jahren verkraften. Wahrscheinlich ist ja dann das Einkommen auch gestiegen. Aber was passiert denn, wenn jetzt der Zins beispielsweise auf 6 Prozent steigt? Dann sind wir bei einer Rate von 338 Euro. Nach 10 Jahren kann man schon davon ausgehen, dass das Einkommen in der Zwischenzeit gestiegen ist. Eine Mehrbelastung von, in diesem Fall 200 Euro sollte dann nicht wirklich dramatisch sein.
Im Prinzip gibt es also kein Risiko.
Wie wirkt sich eine zusätzliche Sondertilgung darauf aus?
Das ist aber noch nicht alles. Zusätzlich steckt das Paar jährlich noch 300 Euro Sondertilgung in das Bauspardarlehen. Somit sind es hinterher nicht 60.000 Euro, sondern um die 20.000 Euro weniger. Dazu kommt noch ein Bausparvertrag in Höhe von 100.000 Euro, in dem weitere 360 Euro rein geflossen sind. Das heißt das Pärchen tilgt ohne Ende.
Warum aus Tilgungssicht und Zinsrisiko Sicht kein Problem herrscht:
Aus Tilgungssicht und Zinsrisiko hat das Paar mit der Bausparfinanzierung keinerlei Probleme. Schließlich ist das Bauspardarlehen von vorne bis hinten durchgeplant. Die Vorfinanzierungsphase dauert 14 Jahre und 3 Monate. Das Bauspardarlehen dauert 13 Jahre 8 Monate. Also ist das Bauspardarlehen nach 28 Jahren komplett durchfinanziert. Das Problem des Bausparvertreters kann ich somit nicht verstehen.
Wenn du mit 20 Jahren einen Bausparvertrag abschließt, bist du mit 48 mit zwei Drittel des Finanzierungsvolumens durch. Das heißt, mit unter 50 Jahren hast du schon so gut wie keine Wohnkosten mehr. Das Bisschen, was dann noch übrig bleibt, ist gar nicht mehr nennenswert.
Was ist die Lehre aus diesem Fallbeispiel?
Lasst euch bloß nicht verrückt machen. Denn weitere Bausparverträge sind nicht immer sinnvoll. Es ist äußerst hilfreich im vorhinein erstmal durchzurechnen und zu prüfen, inwiefern ein zusätzliches Bauspardarlehen Sinn ergibt. Denn wie wir erkennen konnten gibt es in diesem Fallbeispiel gar keine Veranlassung einen weiteren Bausparvertrag abzuschließen. Schließlich gab es bereits einen großen Bausparvertrag in Höhe von 100.000 Euro, mit 1.600 Euro Kosten. Dazu kommen noch die beiden Bausparfinanzierungen, die vorfinanziert sind. Da sind schon genug Kosten entstanden. Ein weiterer Bausparvertrag ist hier also völlig unnötig.
Die Wohn- Riester- Verträge
Im weiteren Verlauf stellte ich fest, dass das Paar gar nicht wusste, dass Ihnen einen Wohn-Riester Vertrag vorliegt. Das ist jedoch in den Bausparunterlagen erkennbar. In dem Bausparvertrag steht zum einen: Als Sondersparzahlungen sind Altersvorsorgezulagen, sowie die eventuellen Einzahlungen aus Ausschöpfung des förderfähigen Höchstbeitrags für die Altersvorsorge-Beiträge nach Paragraph 10a Einkommensteuergesetz zulässig. Ein erstes Indiz dafür, dass das ein Wohn-Riester Vertrag ist. Dann hab ich mir den Tarif rausgesucht. Das ist definitiv ein Wohn-Riester Vertrag.
Das Problem der Wohn-Riester Verträge
Das Problem der Wohn-Riester-Verträge lässt sich rein steuerlich veranschaulichen. Dafür schauen wir uns mal Paragraph 92 a im Einkommensteuergesetz an. Bei einem durch Wohn-Riester-Verträgen finanzierten Haus oder einer Eigentumswohnung, kannst du maximal 2100 Euro pro Jahr in diesen Vertrag einzahlen. Ob Sparraten oder Darlehenstilgungsraten spielt hierbei keine Rolle. Die Bausparsituation sieht so aus, dass ein Bausparvertrag angespart wird und dieses Darlehen abgezahlt wird. Das heißt wir haben einerseits die Sparphase und eine Tilgungsphase, bei der das Bauspardarlehen entsteht. Alles was dort eingezahlt wird, wird im Nachgang auf ein sogenanntes Wohnförderkonto angeschrieben. Hierbei handelt es sich um ein virtuelles Steuerkonto, bei der die Steuerschuld aufgeschrieben wird. Wenn das Darlehen aufgenommen wird, werden diese 2100 Euro rückwirkend in der Sparphase zusammengerechnet. Darauf fallen 2 Prozent Zinsen pro Jahr, wobei zukünftige Beiträge in der Tilgungsphase auch nochmal drauf gerechnet werden. Auch diese werden mit 2 Prozent pro Jahr verzinst.
Wo findet man das virtuelle Steuerkonto jetzt?
Das sieht man im Einkommensteuergesetz Paragraphen 92a. Wir haben hier wieder Gesetze im Internet, Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Dort steht: “Nach Ablauf eines Beitragsjahres, letztmals für das Beitragsjahr des Beginns der Auszahlungsphase, ist der sich aus dem Wohnförderkonto ergebende Gesamtbetrag um 2 Prozent zu erhöhen.” Das heißt, du sparst in der ersten Phase des Bauspardarlehens an. Die Beiträge werden dann dem Wohnförderkonto angeschrieben.
Die Steuerschuld
In diesem Fall bedeutet das, dass die Sparphase und auch die Tilgungsphase im Prinzip bei denen bis 48 ging. In dieser Zeit entsteht ein Saldo auf dem Wohnförderkonto, welcher immer weiter ansteigt. Virtuell wird dann jedes Jahr mit 2 Prozent weiter verzinst. Das heißt mit 67 Jahren werden dann die Steuern eingefordert. Bei unserem Paar hieß es quasi, dass sie mit 48 ein Großteil der Bausparfinanzierung durch bezahlt haben. Der Rest wird dann abbezahlt, falls dieser nicht durch die Sondertilgung entfallen ist. 19 Jahre später kommt dann aber ein Brief vom Finanzamt und da steht dann drin: Bitte beachten Sie noch die Steuerschuld. Da sich auf dem Wohnförderkonto ein bisschen was angesammelt hat. Wie viel das eigentlich ist, zeige ich euch jetzt.
Die Folgen der Steuerschuld
In diesem Fall ist über die 28 Jahre ein Salo von 79.363 Euro entstanden. 2.100 Euro werden angerechnet und der Rest ist 2 Prozent Zins obendrauf. Das ist der Stand des Wohnförderkontos mit 48 Jahren, aber es geht ja noch weiter. Diese 79.000 Euro werden jedes Jahr weiter mit 2 Prozent verzinst. In diesem Fall auf weitere 19 Jahre. Das heißt, aus den 79.000 Euro werden dann hinterher mal 115.000 Euro, pro Person. Schließlich haben beide so einen Vertrag. Das ergibt insgesamt eine Summe von 230.000 Euro, die nachversteuert werden muss. Bei einmaliger Versteuerung von 230.000 Euro würde ein Rabatt von 30 Prozent anfallen. Das heißt, 69.000 Euro werden abgezogen. Somit müssen sie nicht 230.000 Euro versteuern, sondern 161.000 Euro. Bei einem Steuersatz von sagen wir mal 40 Prozent, wären es also 64.000 Euro die dann zum Rentenalter nachzuversteuern wäre. Ein ziemlich hoher Betrag. Das ist den meisten gar nicht bewusst, dass nach so vielen Jahren noch eine Steuerschuld zu zahlen ist. In vielen Fällen ist das auch finanziell nicht möglich. Dann bietet das Finanzamt einen die Möglichkeit, die Steuern monatlich oder jährlich abzubezahlen. Das heißt ihr könnt das dann bis ihr 85 Jahre alt seid in Raten zahlen. Und das, liebe Freunde, das ist Wohn-Riester. Über die Konsequenzen dieser wurde anscheinend nicht komplett aufgeklärt.
Schlusswort
Hier konnte man ganz gut sehen, was eigentlich genau passiert, wenn junge Menschen anfangen mit Wohn-Riester eine Immobilie zu kaufen. Das ist an der Stelle ganz schön dramatisch. Ich hoffe, dass ist für euch eine Lehre. Grundsätzlich ist ein Wohn-Riester-Vertrag aber nicht immer schlecht. Wenn jemand das ganz bewusst macht, dann soll er das machen. Leider habe ich aber noch nicht einen einzigen Menschen erlebt, der das bewusst so gemacht hat. Dann kommt noch hinzu, dass du bei Wohn-Riester auch noch ganz schön viele Regeln hast. Guck dir dazu gerne mal das Wohn-Riester Video an.
Schreibt mir doch mal in die Kommentare, wenn das jetzt zu kompliziert war und was ihr von der Wohn-Riester haltet.
Ich freue mich von euch zu hören. Folgt mir gerne auch auf Instagram und wir sehen uns in Kürze wieder. Bis dann der Lehnen.